Weihnachten in meiner Kindheit

Alles was uns im Leben begegnet und inspirierte

Weihnachten in meiner Kindheit

Beitragvon Peter » 13.11.2010, 02:02

Weihnachten in meiner Kindheit

In der Vorweihnachtszeit duftete es herrlich aus der Küche, wenn Mutter Stollen und die verschiedensten Plätzchen backte. Ich durfte mit Blechformen Sterne und andere Figuren ausstechen, naschte vom Teig und durfte die nicht optimal gelungenen oder zerbrochenen Plätzchen frisch aus dem Ofen testen. Da ich schon immer ein süsses Naschmaul war, war diese Backzeit herrlich verlockend. Die fertigen Plätzchen wurden Sorte für Sorte in Blechdosen geschichtet und dann versteckte diese Mutter vor mir. Aber meine Spürnase fand sie doch im Kleiderschrank hinter der Wäsche versteckt und wenn sie nicht aufpasste stibitzte ich ein paar daraus. Immer so, dass sie den Verlust nicht gleich merken konnte. So war diese Vorweihnachtszeit voller Überraschungen und meine Ungeduld auf das Christkind wurde immer größer. Am Heiligabend musste ich in meinem Zimmer bleiben und ab dem späten Nachmittag war das Wohnzimmer verschlossen. Da richteten meine Eltern den Christbaum auf und dekorierten diesen mit bunten Kugeln, Strohsternen, kleinen Rauschgoldengeln, Lametta und roten Kerzen. Später kamen noch Wunderkerzen dazu. Dann wurden auf dem Wohnzimmertisch die Geschenke aufgebaut. Ich musste warten und versuchte ungeduldig bis zornig durch das Schlüsselloch zu spicken. Irgendwann schimpfte ich. „Das scheiss Christkind kann mir gestohlen bleiben.“ Oh, war dieses Warten fast unerträglich schlimm.
Irgendwann, endlich war es so weit, ich musste mir was schönes anziehen und dann öffnete sich die Wohnzimmertüre. Im Dunkeln ein wunderschöner Baum mit flackerten Kerzen. Mein Vater spielte auf dem Klavier und ich musste mit ihm und Mutter einige Weihnachtslieder singen. Dazwischen zündete Mutter die Wunderkerzen an und es glitzerte heimelig wunderbar. Erst danach durfte ich meine Geschenke auspacken und meine Eltern beobachteten meine Freude. Nun war mein Traum perfekt, war erlöst vom langen Warten und genoss die Spiele, den neuen Pullover und vorallem die Nürnberger Lebkuchen, den Stollen und die Plätzchen.
Jetzt, wo ich das niederschreibe bin ich wieder mitten drin, sehe den Raum, den Christbaum, Vater am Klavier, die ganze heimelige Atmosphäre und mir wird etwas wehmütig im Herzen. Wieviel Liebe steckte da drin und welch eine Freude hat dies in mein Kinderherz damals gebracht.
Meine Eltern sind inzwischen beide verstorben, aber jetzt in dieser Erinnerung sind sie lebendig in mir, so als würden sie neben mir stehen, mich anlächeln und mir ein Taschentuch reichen, meine feuchten Augen zu trocknen.
Weit über vierzig Jahre liegen nun zurück, aber mir kommt es wie gestern vor. Denn das tiefe Gefühl von Freude ist immer noch in mir da.


Peter Burger
13.12.2002
Copyright: Peter Burger
https://www.burger-verlag.de
Benutzeravatar
Peter
 
Beiträge: 410
Registriert: 30.08.2010, 16:40
Wohnort: LL

Re: Weihnachten in meiner Kindheit

Beitragvon Peter » 26.03.2020, 12:09

Wehmütige Erinnerungen

Mutter liebte es Weihnachten auf gut bayrische Art zu feiern. Dazu backte sie vorher wunderbare Plätzchen, Lebkuchen und Stollen. Natürlich stand auch die obligatorische Gans auf dem Speiseplan. Heiligabend wurde immer festlich gefeiert und sie freute sich über jeden Besuch, der zu ihr kam. Nach der Bescherung, besuchten wir meist Verwandtschaft in der Nachbarschaft, wo sie sich dann gerne mit besonderen Spirituosen verwöhnen ließ. Mit Onkel Hans, Mann ihrer Schwester Käthe, hatte sie da einen verschmitzten Gönner. Gegen 23 Uhr richtete man sich für die Mitternachtsmesse in der Schloßkirche Pöring, wo wir dann warm eingepackt zu Fuß hin gingen. Mitten durchs Dorf, vorbei am Friedhof, einen kurzen Augenblick verweilend an den Gräbern, weiter an der Milchsammelstelle und dem Kriegerdenkmal vorbei, zum Schloß hin. Unterwegs kamen die Menschen aus allen Richtungen und eine Menschenschlange bewegte sich durch die Nacht. Jedem rief man einen fröhlichen Weihnachtsgruss entgegen und er wurde erwidert. Man kannte sich, oder auch nicht, aber in der Nacht war sich keiner fremd. Kurze nette Gespräche entwickelten sich im Laufen. Auf dem Weg etwas vor dem Schloß, lebte die alte Melder Kathy, nur Melderin genannt. Hier hielt Mutter an und gab ihr ein Säckchen mit Weihnachtsgebäck und anderem. Dafür bekam sie ein dankbares "Vergeltsgott" zu hören, das aus tiefstem Herzen einer lieben Frau kam.

Die Schloßkirche ist vom bekannten Baumeister Dominikus Zimmermann gestaltet, der auch die bekannte Wieskirche, die Landsberger Rathausfassade und das Johanniskircherl im Vorderanger geschaffen hat. Jeder suchte sich seinen Platz und man grüsste alle Bekannten um sich herum. Da traf man dann auch andere, im Dorf lebende Verwandte und mein Tante Hellchen, was mir nur eine Nenntante und Freundin meiner Mutter war. Als Baronin Hella von Nolcken, war sie Mitbesitzerin des Schloß Pöring, welches ihre Familie nach deren Vertreibung aus Ostpreussen, als Ausgleich erhalten hatte. Da das Schloß in keinem guten Zustand war, für Hellchen und ihre Erbengemeinschaft eine kostspielige Dauerbaustelle.
Bei der Mitternachtsmesse wurde gebetet, gesungen, wie bei allen anderen Messen auch. Doch war in dieser Nacht so ein intensives Gemeinschaftsgefühl, das ich in dieser der Form, nach Mutters Tod nicht mehr erlebt habe. Nach der Messe strömten die Menschen heimwärts, sich gegenseitig aus tiefstem Herzen beglückwünschend. Mutter und ich besuchten dann meist noch den Hiesinger-Hof. Tante Leni war auch in der Messe "kommt noch mit rein", während Onkel Heiner meist vor dem Fernseher im Sessel eingeschlafen war und nun wieder munter wurde. Da gab es dann noch einen Ratsch und Bewirtung bis wir mit müden Schritten nach Hause gingen.

Peter Burger
Copyright: Peter Burger
https://www.burger-verlag.de
Benutzeravatar
Peter
 
Beiträge: 410
Registriert: 30.08.2010, 16:40
Wohnort: LL


Zurück zu Geschichten aus dem Leben



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron