Im Auge des Orkans

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Im Auge des Orkans

Beitragvon Peter » 18.08.2017, 22:21

Im Auge des Orkans

Schwamm schon bei größeren Wellen im Bodensee, aus der Ferne dunkle Wolken voll Regen und Blitze beständig näher treibend. Es blieb heute leider bei einer kurzen Schwimmrunde, aber Vernunft und Sicherheit ging vor. Auf einer Bank sitzend sah ich mit einigen anderen Stammbadegästen die Wetterfront näher kommen. Alle flüchteten nach und nach zu den Parkplätzen. Ich hatte meine Kleidung regensicher in einem blauen Müllsack und trug diesen zu einer überdachten Stelle der DLRG-Station. Von hier aus habe ich schon mehrmals gut geschützt Regenwetter und Wind am See beobachtet. Aber diesmal war es anders, denn da wanderte ein Orkan heran, dessen weiße Regennebelwand bedrohlich näher flog und der heftige Wind bog die Bäume. Einige große und kleinere Äste brachen ab und fielen unweit von mir zu Boden. Der mächtige Regen peitschte selbst in meine Ecke und lief an mir flutartig herab. Ich war im Auge des Orkans, sah in dessen Macht und fühlte mich schutzlos diesen Naturkräften ausgesetzt. Für einen kurzen Moment bereute ich meinen Mut. Denn diese Gischt peitschte gegen die Wände des Gebäudes und ich spürte den Regen wie Nadeln auf meiner Haut. Eine Wassermassage ganz eigener Art. Als der Sturm etwas nachließ, schlich ich ums Haus, stolperte fast über herabgefallene Äste und suchte Schutz in einer Umkleidekabine am Gebäude. Von hier aus beobachtete ich die Reste des Sturms und lachte schon wieder über mich und meine Verrücktheiten. Langsam zog ich mich an und nutzte eine Regenpause um zu meinem Auto zu kommen. Im Yachthafen sah ich ein zerfetztes Segel im Wind flattern, der nasse Weg war voller kleiner Äste.
Davor und danach hatte ich den aufgewühlten See fotografiert, aber mitten im Auge dieses Orkans dachte ich nicht dieses Inferno aufzunehmen. Da war ich nur noch mit mir und der heftigen Natur um mich konzentriert, nahm die ganze Wucht wahr. Die hilflose Verletzlichkeit wurde mir bewußt, von anderen Wesen, die solchen Kräften schutzlos ausgeliefert sind. Es war ein kleines Abenteuer, in dem ich mich spürte, als Menschlein im Ganzen.

Peter Burger
18.8.2017
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Re: Im Auge des Orkans

Beitragvon Peter » 28.10.2017, 23:42

Wilmas Schrecken

Ich habe dies selbst nicht erlebt, sondern eine vierzigjährige Frau, die nach einem intensiven Arbeitseinsatz als Kellnerin auf dem Münchner Oktoberfest im Herbst 2005 sich mit ihrem Mann zu einer Reise nach Mexiko aufmachte. Mit mitgebrachtem Schnupfen suchte sie Erholung in diesem wunderschönen warmen Land mit weißem Sand, Palmen, tollem Essen und rhythmisch temperamentvoller Musik. Leider konnte sie den Urlaub zunächst nicht genießen, da sie sehr krank wurde. Sie suchte einen örtlichen Doktor auf, der ihr gleich Antibiotika verschrieb. Leider half diese nicht, da dieses entweder zu schwach oder ihre Grippe zu stark war. Trotzdem machten sie einige Ausflüge und bewunderten die beeindruckende Landschaft.
Am letzten Tag ihrer Reise war am Hotel eine seltsame Geschäftigkeit. Merkwürdigerweise wurde die Terrasse mit Bändern abgesichert und man nagelte alle Fenster zur Seeseite mit Brettern ab. Busse kamen und brachen Urlauber in Richtung Landesinnere. Vorsichtig fragten sie an der Rezeption was das bedeute? Darauf die Anweisung sie sollen das Wichtigste zusammenpacken, wie Ausweis, Geld, ein Kopfkissen und eine Rolle Toilettenpapier. Danach ging alles sehr schnell, sie reihten sich ein und wurden sozusagen „abgeführt“. Mit einem Bus wurden sie zu einem Schulgebäude im Hinterland gebracht. Dort lagen sie dann aneinander gereiht am Boden und warteten ab. Zunächst eine äußert komische Situation, denn draußen schien die Sonne. Kaum zu glauben, daß Stunden später ein Hurrikan übers Land fegen würde. Sie bekamen Anweisungen was sie auf keinen Fall machten durften und auch nicht das Gebäude verlassen, wenn der Hurrikan da sei. So lagen sie lange da und warteten. Dann fing es an, wurde heftig und heftiger, ein gigantischer Sturm tobte. Es krachte und klirrte, die Herzen der Menschen voll Angst pochten wild. Sie hörten ganz furchtbare Geräusche und so zog es sich unendlich lange hin. Als die ersten austreten mußten, wurde dafür ein Laken gespannt, in das nach und nach jeder seine Notdurft verrichtete.
Drei Tage mußten sie so am Boden ausharren, ernährten sich von mitgebrachtem Cornflags und Milch. Dann endlich wurde es still. Vorsichtig gingen sie vor die Türe. Es war gruselig mit grell gelben Licht und Blätter wirbelten umher. Aber das war noch nicht das Ende und sie wurden in das Gebäude zurück gerufen, denn kurz danach ging der Sturm erneut los. Der Austritt aus dem Auge von Hurrikan Wilma stand kurz bevor und nochmals krachte und klirrte die Welt um sie herum. Als das vorbei war, atmeten alle tief durch, dankbar noch am Leben zu sein. Sie hatten einen höllischen Weltuntergang überstanden. Doch war deren Leiden noch nicht voll überstanden, denn alle hatten fürchterlichen Hunger und Durst. Einige zogen los um etwas nahrhaftes zu organisieren. Dem Mann gelang es eine warme Hühnersuppe seiner leidenden Frau mitzubringen. Aber dies war nicht ohne Risiko, denn plötzlich erfolgte wegen Plündereien eine Schießerei. Jeder dachte wohl nur noch an sich selber.
Häuser waren komplett eingestürzt, riesige Krater in der Straßen, Menschen standen knöcheltief in Fäkalien.
Nach einer Woche später wurden sie mit nassen modrigen Bussen abgeholt und zum Flughafen gebracht und aus dem Krisengebiet ausgeflogen. Am Flughafen war einchecken im Freien. Ein Meer an Wasserflaschen und Medikamente zur freien Entnahme lagen bereit. Extra Flieger standen bereit und brachten die Urlauber aus dem Grauen zurück in ihre geordnete Welt. Die Frau immer noch mit ihrer Infektion und dem Gestank dieser Hurrikannotstandswelt, so hätten sie ein Jahr lang wie ein Clochard unter einer Brücke gelegen.

P.B.
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Re: Im Auge des Orkans

Beitragvon Peter » 31.10.2017, 23:19

Zu der Geschichte über "Wilma" in Mexiko:
Am 21. Oktober 2005 kam es auf der Halbinsel Yucatán zu vernichtenden Schäden. In vielen mexikanischen Ortschaften wurde der Notstand ausgerufen. Am Wochenende entwurzelte der Hurrikan Bäume auf Yucatán, zerstörte Häuser und überflutete Straßen. Im Urlaubszentrum Cancún standen die Fluten meterhoch im Hotelviertel. Am 24. Oktober saßen noch immer schätzungsweise 20.000 Touristen in Notunterkünften fest, teils die vierte Nacht in Folge. Nach Aussage einzelner gab es kaum noch ausreichend Nahrung, Wasser und keinen Strom. In der Stadt trieben Schutt und Trümmer durch überflutete Straßen, Wilma hatte drei Tage lang schwere Schäden angerichtet. Auf der vorgelagerten Insel Cozumel wurde von 4 Toten berichtet, 2 Menschen starben bei einer Gasexplosion, die in Playa del Carmen durch die heftigen Winde ausgelöst wurde. Nach weiteren Berichten sollen mindestens 4 weitere Todesopfer in Mexiko zu beklagen sein.
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