Der Kaktus

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Der Kaktus

Beitragvon Peter » 01.05.2013, 02:28

Der Kaktus

Bei mir leben seit über 30 Jahren eine Madagaskarpalme und ein langer Kaktus. Beide habe ich als ganz kleine Pflanzen einst gekauft und sie wurden immer grösser und grösser. Der lange Kaktus ist mein langer Lulatsch, den ich vor Jahren schon mal entsorgen wollte. Aber dann öffnete er sein Haupt und schon ein fast zwanzig Zentimeter langes Stück aus sich heraus. Das war so faszinierend, das ich ihn behielt. Nun ist er rund einen Meter lang, etwas krumm und stachlig. Keine Schönheit und doch irgendwie einmalig. Als er kürzlich mal umkippte wurde mir klar, das er einen grösseren Topf mit mehr Erde braucht. Diese stabilere Basis erhielt er heute und ich hatte mal wieder so ein ganz persönliches Gespräch mit ihm, so wie man mit einem Hausgenossen manchmal redet. Neben ihm steht die verkleinerte Madagaskarpalme, denn diese war dabei die Zimmerdecke zu küssen. Ca. 2 m hoch war sie gewachsen, als ich letztes Jahr die Säge in die Hand nahm und an zwei Stellen durchsägte. Jeweils zweimal ca. 30 Zentimeter blieben übrig, der Rest landetet im Garten und zerfiel diesen Winter im Frost. Die Spitze verwurzelte seither gut in frischer Erde und der Stumpf trieb neue Blätter aus. Aber als ich diese Madagaskarpalme im letzten Jahr zersägte, hatte ich das Gefühl ich würde mich selbst zersägen, so nah ging mir diese chirurgische Aktion. Die Spitze gedeiht schön vor dem Fenster, der Stumpf überwinterte im Treppenhaus und steht seit ein paar Tagen wieder im Freien auf der Terrasse, ebenfalls mit einer immer grösser werdenden Agave, die ich vor rund 15 Jahren als kleiner Ableger aus Spanien mitbrachte. Bei mir gedeihen fast alle Pflanzen gut und werden beständig grösser.
Nun hat also der lange Lulatsch einen grösseren Topf mit frischer Kakteenerde erhalten und neben ihm steht weiterhin ein kleiner Bergkristall aus dem Schweizer Maderanertal. So krumm der Lulatsch in den Himmel ragt, frage ich mich gerade, wie krumm ich nun schon bin, gekrümmt von manchen Umständen eines über sechzigjährigen Lebens? Es ist mir selber nicht bewusst, denn man merkt es ja selber kaum oder verdrängt solche Gedanken. Aber irgendwie ist er schon auch Spiegel und gibt mir feine Zeichen, die ich dann irgendwann im Nachhinein verstehe bzw. in der Vergangenheit verstanden habe.
Früher hatte ich viele Kakteen und verglich mich manchmal mit einem Kaktus, der mit scharfen geistigen Stacheln abwehrte oder mir unangenehme Menschen auf Distanz hielt. Von allen diesen stacheligen Gesellen sind nur die nun amputierte Madagaskarpalme und dieser lange krumme Lulatsch übrig geblieben, von denen ich mich nicht trennen mag. Daneben wächst eine mächtige Klivie, welche in regelmässigen Abständen wunderschön rot erblüht und dazwischen eine kleine Aloe Vera, die mir eine Bekannte aus Spanien mitbrachte. Diese füllen nun mein grosses Fenster aus. Über den Winter dazu die grosse Agave. Alle überragt in der Länge nun der lange Lulatsch und ich frage mich wo er noch hinwachsen wird in der Zeit meines Daseins hier auf Erden und was er mir noch alles aufzeigen wird.

P.B.
1.5.2013
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