Geist von Rodenstein

Alles was uns im Leben begegnet und inspirierte

Geist von Rodenstein

Beitragvon Peter » 21.09.2010, 01:58

Geist von Rodenstein

Hoch oben im Odenwald in der Gemeinde Reichelsheim trafen sich Heerscharen aus allen Regionen und erzählten die Sagen und Märchen vergangener Zeiten. Unter den Zuhörern war auch ein Geschichtenerzähler und sein Liebchen, die eingeladen vom Schultes mit einem neuzeitlichen Planwagen ihren Weg in diesen Ort zwischen den rundlichen Bergen fand. Sie lauschten dem, was sich da alles sammelte. Da beiden der Platz des Heerlagers zu voll war und sie nicht Wand an Wand mit anderen Schnachern schlafen wollten, fuhren sie weiter in die Nacht hinein und der Geschichtenerzähler folgte einer inneren Stimme den Berg hinauf, bis zum Parkplatz des Naturparks der Ruine Rodenstein.

Hier war alles leer und grosse nächtliche Ruhe, die jedoch jäh gestört wurde, als er seinen Stromerzeuger anwarf, um die altersschwachen Batterieren seines Gefährtes zu laden. Die Heizung wärmte nun besser und in dieser frostigen Oktobernacht wurde es darin wohlig warm. Nur die Eichen draussen erwachten von dem lauten Geknatter und riefen über den hilfreichen Wind den Geist von Rodenstein. Gegen die Ruhestörung war dieser auch machtlos, nicht jedoch gegen diese Eindringling zu später Stunde. Zunächst beruhigte dieser die aufgebrachten Eichen, die mit weitausladenden Ästen auf das Gefährt herab fühlten. Wärme ging davon aus , aber auch der russige Geruch den sie tagsüber gut verkrafteten, aber nachts gar nicht gern ertragen wollten. Glücklicherweise war das laute Spektakel nach einer guten Stunde vorüber und der nächtliche Frieden kehrte wieder in den dunklen Wald.

Nur der gerufene Geist von Rodenstein ruhte nicht und strömte ein in Köpfe der Störenfriede, die alsbald zu zanken begannen und mit Nichtigkeiten sich gegenseitig nervten. Obwohl sie gut schliefen im Schutze des Waldes, erwachten sie in gereizter Spannung und nach einigen ungeschickten Worten entlud sich aufgestauter Ärger und Frust. Die Frau nörgelte über den Mann und weinte zum Trotz. Der Mann zog sich schützend zurück und schwieg, bis ihm zornig der Hals überquoll.

Der Geist von Rodenstein grinste im Hintergrund, er hatte die Unruhe diesen Eindringlingen zurück gegeben und mit seinen geheimen Kräften das in den Beiden ausgelöst, was sich die Tage vorher schon in ihnen aufgestaut hatte. Das war nun seine Form der Rache, denn er konnte auf ganz subtile Weise zaubern und alles hervorholen was sich in den Tiefen der Seelen der Bewohner seines Berges eingegraben hatte. Keiner entkam seiner Macht und da er dies regelmässig tat, war hier am Berg um die Ruine Rodenstein ein grosse Ruhe, war Frieden, Weite und Glück. Die Wanderer hier freuten sich der Natur und die Tiere und Pflanzen lebten in grösstmöglicher Eintracht.

Der Geschichtenerzähler hatte so eine neuzeitliche Schreibmaschine dabei und schrieb zur Verwunderung des Geistes von Rodenstein alles auf, was er hier erlebt hatte. Dies hatte er noch nie erlebt und las verunsichert mit, denn was würde nun damit geschehen? Märchengeschichten wurden in Reichenbach vorgetragen, aber doch wohl nicht über ihn, dem wachen Geist über Berg und Tal. Wenn er schönes bewirkt hätte, ja, das dürften alle gern hören. Aber er hatte Unfrieden gestiftet, den Ärger der Bäume direkt weitergegeben und diesen Menschlein einen Denkzettel verpasst. Dies nun dokumentiert gefiel ihm gar nicht recht. So rief er alle Elemente zur Hilfe und da half im der Wind, der die Wolken auseinander trieb. Die Sonne trat durch und bestrahlte die verärgerten Menschen, erhellte ein wenig den Geist. Sie sollten nicht mit dem negativen Gefühl seinen Berg verlassen. Ein Hauch von Freude sollte sie begleiten hinab ins Tal, dort wohin die Geschichte nun wandern würde.

Dort angekommen fand das Gefährt keinen Parkplatz mehr bei den Märchen- und Sagentagen. Der Geist trieb sie weiter aus dem Ort hinaus. Doch diesen Text konnte er nicht mehr löschen. Gegen neuzeitliche Schriften war er machtlos, denn sie waren nicht aus dem Holz der Bäume. Papier konnte zerreissen, verwässern oder vergilben. Wie solche Datenschrift stoppen, wusste er nicht. So setzte er im Bewusstsein des Schreibers auf Vergessen und schickte Frieden und Freude hinter den Reisenden her.

Sie reisten dahin gen Mainz, zur Mosel und Trier. Doch der Geschichtenerzähler vergass die Begebenheit nicht und war dem Geist von Rodenstein nicht mehr böse. Er verstand ihn nur zu gut und wenn er das nächste Mal diesen besuchen kommt, werden alle Batterien bestens geladen sein. Dann wird er den Berg besteigen, die Ruine und den Wasserfall besuchen, wird dem Geist in freundlicher Gesinnung eine Geschichte vorlesen und lauschen den Gesprächen des Waldes.

Peter Burger
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