Hinter den Kulissen des Moulin Rouge

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Hinter den Kulissen des Moulin Rouge

Beitragvon Peter » 30.08.2010, 19:09

Hinter den Kulissen des Moulin Rouge

Als 1987 meine Freunde Leici Kocka und Marianna Stroichi ins Moulin Rouge am Montmatre in Paris verpflichtet wurden, war ich bei den ersten Proben dabei. Dazu mussten wir zunächst drei Krokodile die Treppen hinab in Theater tragen und dort wurde dann das grosse Wasserbassin hydraulisch hochgefahren. In das Wasser angeheizt in optimaler Temperatur wurden die Tiere eingesetzt und Leici übte nun den Ringkampf mit den Krokodilen. Dabei fasst er die Tiere voll an, kitzelt diese etwas, so dass diese wild mit dem Schwanz um sich schlagen und das Wasser aufgewühlt wird. Dies erzeugt den Eindruck eines gefährlichen Kampfes, denn es ist ja ohnehin eine Leistung zu drei grossen Krokodilen ins Wasser zu springen. Auf der Bühne wurde zudem der Kopftrick durchgeführt, bei dem Leici seinen Kopf in den Rachen eines drei Meter langen Reptils steckt. Marianna trainierte mit einer Showtänzerin einen Schlangentanz.

Ich sah mir die Proben der vielen Showtänzerinnen an, die aus allen Ländern stammten. Mir einigen unterhielt ich mich und erfuhr von deren Lebenswegen.

Es waren drei sehr interessante Probentage und es war schon sehr interessant hinter die Kulissen dieser grossen Show zu blicken.

Ein paar Monate später war ich dann Ehrengast in der laufenden Show und sah alle diese Tänzerinnen in ihren tollen Kostümen und natürlich diese nun auch mit freien Busen. Denn das gibt es in einer Show so häufig, dass es irgendwann langweilig wird und meine Partnerin vermisste bald nackte Männer. Aber diese waren alle ordentlich züchtig gekleidet. Mehrere artistische Nummern wurden dazwischen gezeigt, die Nicolodis, Terry Parhade, Marc Metral, eine Sängerin und auch lebende Pferde. Dazu als Starattraktion Karah Khavak mit Schlangen und Krokodilen, mit anschliessendem Ringkampf im Wasserbassin.

In der Pause durften wir in die nüchternen Garderoben, wo die Nicolodis Karten spielten und mich mit den üblichen Scherzen begrüssten. Dazwischen liefen einige Tänzerinnen hindurch. Eine winkte mir zu und nun erkannte ich die Australierin wieder. Voll in Kostüm und Maske erkannte ich sie nicht mehr, da bei den Proben sie in T-Shirt und Probenhose erlebt hatte.

Diese Show “Formidable” fand jede Nacht um 22 Uhr und um 24 Uhr statt. Sie lief über zehn Jahre ohne Pausen durch und das Honorar von Leici war fürstlich.

Aber das Leben in Paris ist auch nicht billig. Mit seinen Transporten und Wohnwagen stand er auf dem Platz der Artistenschule Anne Frattelini, die direkt unter einer Trassenbrücke der achtspurigen Stadtauto war. Auch ich stand dort einige Nächte mit meinem Wohnmobil. Höllisch lauter Lärm, die Reifenabriebe fallen herab und liegen überall auf dem Platz, die Abgase kann man deutlich riechen. Trotzdem war die Miete auf diesem Platz hoch, jeden Monat rund 1000 Euro. Einen anderen stadtnahen Platz gibt es für Artisten nicht. Trotzdem war der tägliche Weg zum Moulin Rouge einige Kilometer quer durch die Stadt. Da es im Bereich vom Moulin Rouge wenige sichere Plätze für Wohnmobile gibt, fuhren wir auf der Ladefläche eines geschlossenen Kleintransporters mit, sassen auf den Kisten mit den Schlangen und vor uns die frei im Raum liegenden Krokodile, die uns regungslos anstarrten.

Ich hatte ja schon Übung mit den Reptilien, aber meiner Partnerin wurde es recht mulmig. Zum Abschluss noch einen fachmännischen Rat: Sollten Sie mal in die Verlegenheit kommen, ein Krokodil tragen zu müssen, bleibt Ihnen die Auswahl dieses am Hals bzw. Kopf zu halten oder im Bereich der hinteren Beine und Schwanz.

Vorne schlägt das Krokodil mit Kopf und versucht Sie zu schnappen, hinten schlägt der Schwanz hin und her, was grosse Standfestigkeit erfordert. Ich habe auf beiden Seiten schon getragen und habe mich nun eher für den vorderen Bereich entschieden. Denn der Panzer eines Reptils ist glitschig und bietet wenig Halt. So bleibt man unweigerlich mit einem Finger im After hängen, da dies die einzige Vertiefung ist. Aber das mag das Tier nicht besonders und reagiert äusserst kitzlig. Vorne, seitlich am Hals hat man den besseren Halt. Aber solche Krokodile sind sehr schwer und wer schwere Arbeit nicht gewohnt ist, wird bald einen Muskelkater haben. Ich erlebte dies bei den Proben hinab die vielen Treppen ins Moulin Rouge. Die Hüfte schmerzte einige Tage sehr. Zum Glück gab es später einen Lastenlift und gut trainierte Helfer des Hauses. Denn die Tiere wurden nachts immer zurück zum Bassinwagen transportiert und hatten danach einen Ruhetag. Den nächsten Abend waren drei Andere dran. Leici und Marianne lieben ihre Tiere und pflegen diese gut. Einige seiner Krokodile hat Leici von seinem Vater übernommen und sind schon so alt wie er selber. Sie haben alle ihren Namen. Da wäre Mäxchen, Goofy, Hans, ....

Stars in der Manege, im Wasserbassin des Varieté und Fotoobjekte für Lacoste und andere Werbeaufnamen. In Paris fanden Leici und Marianna ihre neue Heimat und nun ein neues grosses Quartier etwa dreißig Kilometer vor der grossen Stadt.

Aus dem Buch: CIRCUS MEINES LEBENS
http://www.amazon.de/Circus-meines-Lebens-Meine-Circusgeschichten/dp/1500187593/ref=tmm_pap_title_0
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