Seegeschichten

... Erlebnisse und Poesie rund um den Bodensee

Seegeschichten

Beitragvon Peter » 07.12.2013, 21:19

Seegeschichten

Schwamm wieder im Bodensee. Das Wasser hatte 17-18 Grad je nach Strömung. Daher hatte ich ihn fast allein, nur ein paar Boote kreuzten meinen Weg. Drei Mädchen schüttelten sich, als ich ins Wasser stieg. Aber ich fand es herrlich, da ich derartige Temperaturen gewöhnt bin. Weiter draussen sah ich einen schwarzen Käfer im Wasser treiben, er hatte wohl nicht aufgepasst. Vorsichtig hob ich ihn mit einer Hand hoch. Erlebte noch und so setzte ich ihn in mein Haar, das noch fast ganz trocken war.
Seltsamerweise fühlte sich nun das Wasser plötzlich viel wärmer an. So als hätte der gerettete Käfer etwas bewirkt, in oder um mir, in meiner Aura. Jedenfalls empfand ich von diesem Moment an das Wasser buddelwarm und ich schwamm immer weiter hinaus. Nach etwa zwanzig Minuten hatte ich genug und als ich wieder am Ufer war, streifte ich vorsichtig durch mein Haar. Aber er war nicht mehr darin. Vermutlich hat ist ihm von da aus ein Neustart geglückt.

Auf der Heimfahrt kreisten an einer ufernahen Stelle rund hundert Seemöven knapp über der Fahrbahn. In tollen Schwüngen auf eng begrenzten Raum immer in Kreisen. Auf einem Parkplatz hielt ich an und sah nun über mir diese tollkühnen Flieger. Um mich herum stiegen grosse Mengen von Insekten auf und nun verstand ich den Zweck. Im Jagdtrieb übten die Möven die Kunst des Fliegens und es war ihnen die Freude am Spiel dabei anzusehen. Meine Augen erfassten immer nur einzelne Jäger und dann wenn der Schnabel zuging.
Im Sonnenuntergang über dem See diese Armada von eleganten Jägern und um mich herum Millionen an tanzenden Mücken, so dass ich das Autofenster besser geschlossen hielt.

Peter Burger
Mai 2007
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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 17:37

Mit klarem Blick

Sonne im Rücken
den Blick weit ins Land
übern See hinweg
zu neuen Welten.

Begrenzungen überwindend
der Vergangenheit alt
voranschreitend über Wasser
hin zu sicherem Land.

Mit klarem Blick
sehend was ist
und was kommt
mit dem nächsten Schritt.

Ins Ungewisse tretend
erscheint der Boden
jenseits von Täuschung
mit neuem Glück.

Peter Burger
6.9.2005
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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 17:41

Wasserball

An schönen Sommertagen fahre ich abends immer an den nahen Bodensee und schwimme in dem angenehm warmen Wasser. Auf dem Rücken weit hinaus und per Brustschwimmen wieder retour. Wunderbar sich vom Wasser tragen zu lassen, zu gleiten durch die Weite des Sees, vorbei an Booten und anderen Schwimmern, die es ebenso genießen wie ich. Es ist fast ein Ritual mit großem Glücksgefühl, das für mich mit Sommer verbunden ist.
An einem Abend setz ich mich gerade auf eine Uferbank um mich zu Entkleiden, als ein Wasserball auf dem Wasser heranschwimmt. Ein Kind hat ihn im nahen Strandbad wohl ins Wasser geworfen und ihn nicht mehr erreicht. Nun treibt er herrenlos leicht an der Wasseroberfläche. Obwohl kaum ein Wind spürbar ist. die Blätter der Bäume kaum Bewegung zeigen, treibt der luftige Ball erstaunlich schnell dahin. In mir ist ein Ehrgeiz entstanden. Ich will ihn mir holen. Ganz schnell entkleide ich mich und schwimm den Ball nach. Und ich schwimme und schwimme und komm kaum näher. Ich werde immer schneller, immer hektischer, mein Atem unregelmäßig und schwer. Ganz langsam wird der Abstand geringer. Schon überquere ich die Einfahrt des Yachthafen und immer noch ist er nicht erreichbar. Erst weit dahinter holte ich ihn ein. Was nun ? Ich kann ihn kaum greifen. So werfe ich ihn vor mir her und schwimme so Etappe um Etappe retour. Selbst hier will er mir noch entrinnen. Hab ich ihn seiner Freiheit beraubt? Ich lass meine Beute nicht aus und bugsiere ihn Stück für Stück ans Ufer. Schließlich erreicht frage ich mich ernstlich, was ich nun mit diesem Ball tun soll? Die Luft rauslassen und ihn mitnehmen? Meinem Hund Oskar zum Spielen geben, der ihn sicher schnell zerbeissen würde.
Da sehe ich zwei Mädchen auf einer Decke sitzen und ganz spontan biete ich den beiden den Ball an. Zuerst sind diese unsicher, ein Geschenk von einem fremden Mann anzunehmen. Als ich von Strandgut spreche nehmen sie ihn mit einem freundlichen Danke. Während ich auf der Bank sitze und mich von der Sonne trocknen lasse, spielen hinter mir in der Wiese zwei lustige Grazien mit dem Ball. Leicht federn diese in durch die Luft und nicht nur die beiden Kinder haben ihre Freude. Mein Auge lebt mit und ein stilles Lachen erfüllt mich.
Nocheinmal schwimme ich den See hinaus, nun entspannt mit ruhigen gleichmäßigen Bewegungen. Danach ziehe ich mich an und mache mich auch auf den Heimweg. Auf einem Seitenweg die beiden Mädchen. Die Ältere ihr Fahrrad schiebend, die Kleinere stolz den Wasserball nachhause tragend. Vom Parkplatz ausfahrend sind beide prompt nochmals vor mir, mich längst nicht mehr beachtend. Nur ich blicke nach, sehe lustige Augen zweier unbeschwerter Kinder.
Auf der Heimfahrt durchziehen mich eigene Erinnerungen meiner Kindheit, meiner Jugend, in der ich mich viel an offenen Wassern bewegte und dort meine Freiheit fand. Für was dieser dahintreibende Ball doch gut war, was er in kurzer Zeit alles in mir und um mich bewegt hatte. Einfach nur ein Ball tanzend an der Wasseroberfläche, einfach dahintreibend. Einfach so.

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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 17:43

Gewitter am Bodensee

Gewitter am Horizont
Wellen wie am Meer
ich allein im See
treibe zwischen Wellen.

Laues Wasser oben
Kühle von unten
aufwirbelnd zur Krone
vermischt sich Sonne und Grund.

Vier Schwarzmeer-Russen
eingebürgert seit Jahren
plätschern am Ufer
träumend vom Heimatmeer.

Dunkle Wolken dringen näher
Viel Wind bedrohlicher weht
schnell angelegt zum Auto strebend
gegen mächtige Regenwand lenkend.

Mitten durch des Unwetters Wand
mit Duschregen und Hagel
in überschwemmten Straßen
von Sturzbächen von überall her.

Zuhaus noch schnell den Salat
gegen Hagelbrocken geschützt
die Blumentöpfe ebenso
geniese ich das kühle Inferno.


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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 17:55

Uferlos

Treibend
dahin
mittig
frei.

Spurlos
schwimmend
voll
atmend.

Sein
hier
jetzt
uferlos.


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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 17:56

Mir unvergessen eine Geisterwolke auf der Insel in Lindau erlebt. Es war ein schwülheisser Tag, ich blickte zum See hinaus und sah eine geisterhafte schwarze Wolke über den See auf mich zu gleiten. War unheimlich und dann knallten Milliarden "Geister" an mir vorbei und auf mich darauf. Es waren Insekten welche vor einem Unwetter flüchteten. Diese hatte ich im Mund, in den Ohren und Nase, in meiner Jacke, ....
So ging es auch allen anderen Leuten in meiner Nähe. Das war irre und habe ich so nie mehr erlebt.
Zuletzt geändert von Peter am 25.05.2021, 09:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 17:59

Verschwommene Bilder

Seit rund zwanzig Jahren gehe ich im Sommer immer an der gleichen Stelle nahe dem Yachthafen in Sipplingen schwimmen, eine Platz mit Treppe in den Bodensee, wo sich jeden Sommer viele Menschen sich wiederkehrend treffen. Neun Monate sieht man sich nicht, aber dann fast jeden Abend schwimmt man im warmen See, nickt sich mit einem freundlichen "Hallo" zu und hält im Wasser und an Land kurze Schwätzchen. Es sind vertraute Gespräche, denn man kennt sich wie eine kleine eingeschworene Gemeinde, die alle nur das eine Ziel haben, im freien Wasser zu schwimmen.
Das sind Pärchen, ältere Einzelgänger und Kinder. Dann kamen viele junge Russen dazu, die dahinter begeistert Volleyball spielen.
Jeder hat seinen eigenen Stil zu schwimmen und jeder seine eigene Spur im Wasser. Die Einen schwimmen kerzengerade hinaus so weit sie kommen. Andere immer seitlich entlang des Ufers um nicht mit Motorbooten zu kollidieren, die oft gefährlich nah am Ufer vorbei brettern. Diese Schwimmmuster sind über die Jahre fast immer gleich, nur selten verändern sich die Wege. Auch die Art zu schwimmen lässt eingefahrene Bewegungsmuster erkennen. Würden diese Wege Spuren hinterlassen, wie Kondensstreifen am Himmel, so würden grafische Muster zurückbleiben, fast wie moderne Malerei. Jeder ein Pinsel auf einem Bild, das das Wasser dann wieder zerfliessen lässt in die Einheit.
Ich bin Teil dieses Gemäldes, bin Pinsel im Bild und forme mit, was ich heute wieder mal sah, kurz aber eindrücklich.

27.6.2005

Inzwischen hat sich der Platz mit der Bezeichnung Naturbadestrand grundlegend verändert. Das Strandbad und die Minigolfanlage sind verschwunden. Dafür gibt es hier nun eine DLRG-Station, ein Restaurant "Seehaus" und eine grosse rund geschwungene Radweg- und Fußgängerbrücke von dem oberem Parkplatz über die Strasse und Bahnlilie, hinunter zum Seebereich. Am Badestrand sind die Treppen in den See komfortabler ausgebaut mit einem Geländer versehen. An schönen Sommertagen kommen mehr Badegäste als früher und die Russen sind eine nicht mehr auffallende Minderheit. Die Mischung der Nationalitäten ist breiter anzutreffen. Durch die DLRG-Station ist eine neue Situation entstanden, mit neuen Aktivitäten im Wasser und mit häufigen Festen neben der Station. Es ist ein neues Gemälde was ich in Geschichten zu malen versuche. Zwischen beiden Bildern liegen einige Jahre Pause, da ich krankheitsbedingt den Platz nur aus der Ferne sehnsüchtig betrachten konnte. Denn er hat für mich eine magische Anziehung, immer in der Zeit in der ich ins freie Wasser kann. Manchmal bereits ab Pfingsten, oft noch bis Ende September. Vielleicht ist es ein Heimatersatz, der mich an den Lechstausee erinnert, wo das Dorf am Abend über Treppen in den See sich den Schweiß der ländlichen Arbeit abwusch und sich schwimmend darin entspannte. Immer wenn ich wieder dort bin, sitze oder stehe ich auf diesen Treppen und bin voller schöner Erinnerungen. Ähnlich geht es mir an dieser Treppe zum See in Sipplingen.

Peter Burger
1.9.2015
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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 18:35

Von Seehunden und Walrössern.

Am Bodenseeufer die Badenden zu beobachten führt mich unweigerlich zu dem Vergleich von elegant schwimmenden und tauchenden Seehunden und zu schwergewichtigeren Walrössern, welche langsamer prustend hinter den Seehunden herschwimmen. Zur letzteren Sorte gehöre ich ebenso. Daher mögen es mir wohlbeleibte Damen nachsehen, wenn ich diese ebenso in diese Kategorie einteile. Alle haben ihren eigenen Stil und Eleganz, wenn sie durchs Wasser pflügen, soweit man dies so nennen kann. Die Mehrheit schwimmt normal in Brustschwimmen, einige wenige sind dazu gute Rückenschwimmer und lassen sich einfach nur an der Oberfläche treiben, so wie ich dies gerne meditativ mache. Frei treiben und den Himmel beobachten, die Wolken, Vögel, Flieger, Falter und sonstige Insekten über mir. Manchmal treibe ich sehr lange, das schon mal jemand dachte, ich sei hinüber und stupste mich prüfend an. Derzeit bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 29 Grad, ist das bei ruhigem See ein besonderes Vergnügen. Oft stehe ich auch im Wasser. Mein Fett hält mich oben und der Kopf bleibt außerhalb des Nass, die Arme balancieren diese unterirdische Wasserwanderung aus. Manchmal träume ich soviel „Aufwind“ zu bekommen, das ich komplett aufsteige und mit den Füßen über die Wasseroberfläche gehe. Aber ich bin nicht Jesus und bleibe irdisch verhaftet. Es reicht vollkommen, dass mein „Atmungsrüssel“ an der Oberfläche bleibt.
Eine Frau meinte, es fehlen noch die Delphine. Doch von denen hat es nur wenige. Solche spritzigen Schwimmer bewundere ich immer, wenn diese in Leichtigkeit durchs Wasser gleiten. Die Mehrheit sind Walrösser und Seehunde. Kinder kann man den lustigen Seeottern zuordnen, wenn diese sich spielerisch leicht austoben.
Schaut man noch genauer hin, findet man noch andere Wassertiere am See, große aufgeblasene Krokodile, auf denen Kinder reiten und andere lustige Wasserwesen.
Die Vielfalt des menschlich ähnlichen Tierreichs kann jeder mit viel Phantasie erleben, da jeder Schwimmer in seiner Eigenheit einen anderen Stil hat, wie er sich schwimmend bewegt. Die persönliche Individualität lässt sich im und außerhalb des Sees bestens beobachten. Manchmal denke ich selbst an die Zeit im Fruchtwasser vor meiner Geburt, da ich mich leicht treibend im Wasser meist total geborgen fühle. Vielleicht geht es anderen ähnlich. Gerade im Alter, da die Beine schwerer werden, fühle ich mich im Wasser unendlich leicht und die Gelenke bewegen sich wie geschmiert. Hier beneide ich die richtigen Walrösser für ihren Lebensraum, aber nur solange sie keine auf die Rübe bekommen und ihnen die Haut abgezogen wird.
Im Bodensee gibt es zum Glück keine Haie oder sonstigen tierischen Räuber, welche mir als Walross gefährlich werden könnten. Es ist ein schöner Freizeitraum in den Sommermonaten mit netten Menschen, welche ich seit Jahren immer hier im Sommer sehe, sie badend und schwimmend erlebe. Immer am gleichen Platz in Sipplingen nahe dem Yachthafen, meine abendliche Oase bis die Sonne untergeht.

Peter Burger
11.8.2015
Zuletzt geändert von Peter am 24.11.2016, 02:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 16.09.2016, 18:37

Seeindianer

Ganzjährig schwimmt ein hartgesottener Sipplinger im See. Wenn Karl mit seinem lieben treuen Border-Collie Ella kommt, erlebt man einen wahren Ureinwohner, der das freie Wasser liebt. Für mich ist er ein Seeindianer, braungebrannt, eher wortkarg, aber immer freundlich.
Seine bella Ella legt sich brav auf eine der Stufen am Ufer und wartet geduldig auf seinen Herrn, solange dieser weit draußen schwimmt. Manchmal hebt sie kurz den Kopf, wenn sie Karl pfeifen oder prusten hört. Kaum kehrt er zurück, springt ihm der Hund entgegen und hüpft bellend ins Wasser. Die Zwei sind ein gut eingespieltes tief vertrautes Team. Die Liebe zwischen Herr und Hund ist deutlich sichtbar. Es ist jedes mal eine Freude die Beiden zu treffen. Wenn kaum Leute da sind, hechtet der drahtige Indianer auch nackt in den See und wächst sich darin seine Haare.
Als an einem anderen Tag etwas Schaum auf dem Wasser trieb, meinte schmunzelnd eine dort regelmäßig anzutreffende Schwimmerin, eine gebürtige Münchnerin, ob Karl wieder seine Haare gewaschen habe? Nein, an dem Tag nicht, da er nach einer Leistenoperation nur bis zu den Knien ins Wasser durfte. Früher war er Markthändler, nun nach einem schweren Unfall gehandicapt, ist er Privatier. Deswegen nicht untätig, immer unruhig in Bewegung. Seine sechzig Jahre sieht man ihm nicht an. Ein strammer Naturbursche, ein echtes Original, mein Seeindianer.

28.8.2015
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Re: Seegeschichten

Beitragvon Peter » 14.12.2021, 00:38

Im Auge des Orkans

Schwamm schon bei größeren Wellen im Bodensee, aus der Ferne dunkle Wolken voll Regen und Blitze beständig näher treibend. Es blieb heute leider bei einer kurzen Schwimmrunde, aber Vernunft und Sicherheit ging vor. Auf einer Bank sitzend sah ich mit einigen anderen Stammbadegästen die Wetterfront näher kommen. Alle flüchteten nach und nach zu den Parkplätzen. Ich hatte meine Kleidung regensicher in einem blauen Müllsack und trug diesen zu einer überdachten Stelle der DLRG-Station. Von hier aus habe ich schon mehrmals gut geschützt Regenwetter und Wind am See beobachtet. Aber diesmal war es anders, denn da wanderte ein Orkan heran, dessen weiße Regennebelwand bedrohlich näher flog und der heftige Wind bog die Bäume. Einige große und kleinere Äste brachen ab und fielen unweit von mir zu Boden. Der mächtige Regen peitschte selbst in meine Ecke und lief an mir flutartig herab. Ich war im Auge des Orkans, sah in dessen Macht und fühlte mich schutzlos diesen Naturkräften ausgesetzt. Für einen kurzen Moment bereute ich meinen Mut. Denn diese Gischt peitschte gegen die Wände des Gebäudes und ich spürte den Regen wie Nadeln auf meiner Haut. Eine Wassermassage ganz eigener Art. Als der Sturm etwas nachließ, schlich ich ums Haus, stolperte fast über herabgefallene Äste und suchte Schutz in einer Umkleidekabine am Gebäude. Von hier aus beobachtete ich die Reste des Sturms und lachte schon wieder über mich und meine Verrücktheiten. Langsam zog ich mich an und nutzte eine Regenpause um zu meinem Auto zu kommen. Im Yachthafen sah ich ein zerfetztes Segel im Wind flattern, der nasse Weg war voller kleiner Äste.
Davor und danach hatte ich den aufgewühlten See fotografiert, aber mitten im Auge dieses Orkans dachte ich nicht dieses Inferno aufzunehmen. Da war ich nur noch mit mir und der heftigen Natur um mich konzentriert, nahm die ganze Wucht wahr. Die hilflose Verletzlichkeit wurde mir bewußt, von anderen Wesen, die solchen Kräften schutzlos ausgeliefert sind. Es war ein kleines Abenteuer, in dem ich mich spürte, als Menschlein im Ganzen.

Peter Burger
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